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ATP Erste Bank Open: Erler/Miedler schreiben mit Wien-Heimtriumph Geschichte

Die beiden sind die ersten rein österreichischen Doppelsieger beim ATP-Turnier in der Stadthalle.
Verfasst von: Manuel Wachta, 30.10.2022
© | GEPA pictures/ Walter Luger
Alexander Erler und Lucas Miedler jubeln über den Triumph in der Wiener Stadthalle.

Mit einer Wildcard zum Titel: Alexander Erler und Lucas Miedler haben Sonntag zu Mittag sensationell den Doppelbewerb der Erste Bank Open in Wien gewonnen und hiermit ihren größten Karriereerfolg verbucht. Der Tiroler und der Niederösterreicher setzten sich vor einer mit 9500 Zusehern neuerlich gänzlich ausverkauften Wiener Stadthalle gegen den Mexikaner Santiago Gonzalez und den Argentinier Andres Molteni nach rund 81 Minuten Spielzeit mit 6:3, 7:6 (1) durch. Die beiden blieben damit gar im gesamten Turnierverlauf ohne einen Satzverlust. Für sie ist es der zweite ATP-Pokalgewinn nach dem damaligen Sensationssieg bei den Generali Open Kitzbühel 2021, allerdings der bisher klar größte: nämlich der erste bei einem ATP-500-Turnier, bei ihrem überhaupt erst zweiten Auftritt in einem Hauptbewerb auf dieser Ebene. Im Einzel war es bisher lediglich Dominic Thiem gelungen, für einen österreichischen Erfolg in Kitzbühel und in Wien zu sorgen. Auch den ATP-100-Challenger von Tulln hatten der seit Freitag 25-jährige Erler und der 26-jährige Miedler heuer für sich entschieden sowie noch zwei weitere Challenger-Veranstaltungen in Ostrava (Tschechien) und Como (Italien).

Vierter österreichischer Doppeltitel in Wien

Es ist also schon der dritte größere Coup in der Heimat für das aktuelle ÖTV-Davis-Cup-Doppel – diesmal jedoch sogar ein absolut geschichtsträchtiger: Denn Erler/Miedler sind das erste rein rot-weiß-rote Doppelteam, welches das so traditionsreiche Heimturnier in der Wiener Stadthalle gewinnt. Den Siegespokal erhielten sie dabei aus den Händen von ÖTV-Präsident Martin Ohneberg. Zuvor hatten sich aus heimischer Sicht auch Alexander Antonitsch (1988), Oliver Marach (2009) bzw. ÖTV-Sportdirektor und -Davis-Cup-Kapitän Jürgen Melzer (2014) in die Siegerliste eingetragen, alle dabei freilich mit ausländischen Partnern. Durch ihren Triumph sicherten sich Erler und Miedler pro Kopf nicht nur 72.150 Euro Preisgeld, sondern auch stolze 500 ATP-Punkte. Mit diesen pulverisieren die beiden ihre bislang besten Karriereplatzierungen in der ATP-Doppelweltrangliste. Erler (bis dato Career High von 67) wird als exakt 50. erstmals unter die Top 50 der Welt einziehen und Miedler (bisheriges Karrierehoch von Platz 77) folgt bloß knapp dahinter auf Position 55. Damit werden die beiden bei den Australian Open 2023 in Melbourne zum allerersten Mal im Hauptbewerb eines Grand-Slam-Turniers aufschlagen können. Auch die Teilnahme an ATP-Masters-1000-Turnieren rückt dadurch immer näher.

Erler/Miedler lassen keine Zweifel aufkommen

Erler/Miedler hatten bereits bei ihren drei vorangegangenen Partien bei Erste Bank Open 2 Go am Wiener Heumarkt mit Siegen über starke Kontrahenten zu überzeugen gewusst. Im Finale ließen sie sich trotz der ungewohnten Zuschauermassen und beeindruckenden wie lautstarken Atmosphäre nicht aus der Ruhe bringen, knüpften gleich nahtlos an ihre vorherigen Leistungen an und kauften Gonzalez/Molteni den Schneid ab. Vor allem durch starke Returns von Erler und viel Geschick und Beweglichkeit von Miedler beim Netzspiel stürmten die beiden gleich auf 3:0 davon, zur Begeisterung der rot-weiß-roten Fans. Gar die Chance aufs 4:0 bot sich im nächsten Game, ehe sie bei 3:1 den ersten und einzigen Breakball gegen sich hatten. Erler/Miedler bewahrten allerdings kühlen Kopf, hielten den Aufschlag zum 4:1 und darauf noch zwei weitere Male souverän zu null zum 5:2 und 6:3. Und auch im zweiten Satz spulten die beiden konzentriert und trocken ihre Servicespiele ab, verloren in ihren ersten drei insgesamt vier Punkte und in den letzten drei gar keinen einzigen Punkt mehr. Selbst kamen sie im siebten Spiel zur einzigen Breakmöglichkeit im zweiten Abschnitt, die sie zwar nicht nützen konnten, umso konsequenter präsentierten sie sich dafür im Tiebreak. Nach dem Punktverlust zum 0:1 gaben Erler/Miedler letztlich keinen Punkt mehr ab, verwerteten den ersten ihrer fünf Matchbälle – und durften unter den Begeisterungsstürmen von den Zuschauerrängen befreit aufjubeln.

Miedler: „Eines der besten Turniere, das es gibt. Wenn nicht das Beste“

Die Nervosität schien beim heimischen Top-Duo, zumindest nach außen hin, fast bei der Siegerehrung teilweise größer zu sein als während des Matches. Ein „Danke an alle Fans heute, es war wirklich mega“ brachte Erler noch heraus – und gestand sich ein: „Ich bin jetzt momentan noch ein bisserl sprachlos. Danke an alle, an unser Team auch.“ Miedler gratulierte den unterlegenen Finalisten Gonzalez/Molteni zu der „dennoch tollen Woche“ und unterstrich zudem: „Es ist immer was Besonderes, daheim zu gewinnen.“ Der Tullner dankte dem Turnierdirektor, Herwig Straka, für die Freikarte („Mit einer Wildcard sind wir auf ATP-Level in Österreich noch immer ungeschlagen – also nächstes Jahr wieder eine Wildcard, bitte“), Familie, Freunden und dem ganzen Organisationsteam: „Es ist wirklich ein unglaubliches Turnier, muss ich als Österreicher auch sagen. Es ist wirklich eines der besten Turniere, das es gibt. Wenn nicht das Beste.“ Miedler versprach: „Wir werden das gebührend feiern.“ Finalist Molteni („Wir müssen den beiden gratulieren, sie sind wirklich gute Spieler“) und Gonzalez präsentierten sich zuvor als gute Verlierer. Letzterer sprach dennoch von einer „auch für uns großartigen Woche“, hatte viel Lob für das Turnier über („Die Organisation ist fantastisch, es ist eine tolle Stadt“) und kündigte schon einmal an: „Wir kommen nächstes Jahr wieder.“

Erler: „Wir haben gewusst, dass wir jeden schlagen können“

„Einfach unglaublich“, jubelte Miedler im Interview mit ServusTV über den Titelcoup. Und das, obwohl der Niederösterreicher eigentlich gestern neuerlich im Flieger, in den Urlaub nach Abu Dhabi, sitzen hätte sollen: „Ich musste wieder umbuchen.“ Was er jedoch sehr gern in Kauf nahm, in diesem (Erfolgs-)Fall: „Ab jetzt mache ich das immer so“, scherzte er. Die Heimstimmung sei für ihn sicherlich ein mitentscheidender Faktor gewesen: „Wir sind prinzipiell ein Doppel, dem das wirklich taugt. Die Fans pushen uns – am Heumarkt auch schon. Es war dort natürlich viel kleiner, dafür waren die Fans auch enger dran am Court.“ Wichtig sei dabei freilich auch gewesen, „dass wir gottseidank einen guten Start hatten. Wenn man nicht so gut startet, kann es (die Zuschauerkulisse; Anmerkung) auch ein bisserl hemmen oder in die andere Richtung gehen. Aber von der Stimmung beflügelt, haben wir wieder eine unglaubliche Partie gezeigt. Ich bin einfach happy, was wir diese Woche wieder geleistet haben.“ Erler indes war schon im Vorfeld – nachdem man in der Vorwoche gegen die zweimaligen French-Open-Sieger Kevin Krawietz und Andreas Mies (Deutschland) in Stockholm erst nach zwei vergebenen Matchbällen verloren hatte – von einer Sache überzeugt gewesen: „Wir haben gewusst, dass wir jeden schlagen können – und das haben wir gezeigt.“ Und das wollen die beiden auch weiterhin machen: Ein, zwei Bier wolle man sich zunächst gönnen, dann heim- (Erler) bzw. weiterreisen (Miedler). Und dann wolle man wieder zusammen angreifen. Und das übrigens auch weiterhin im Einzel – trotz der herausragenden Erfolge im Doppel und der starken Ranking-Divergenz.

Hier alle Ergebnisse des ATP-Turniers in Wien.

Alexander Erler und Lucas Miedler nach ihrem Triumph hier im ÖTV-Videointerview:

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